Fay ' s Erkenntnis ließ mich einige Momente schockiert stehen. Ich war wie versteinert. War es dieser verdammte Rüde damals? War es deine Schuld? Du hättest besser auf sie aufpassen sollen... Ich löste mich aus der Starre um sie anzustupsen, wie Naliipa es zuvor getan hatte. " Es tut mir so leid... " Geknickt legte ich die Ohren an und mein Schweif hing nur knapp über dem Boden. Für einen kurzen Moment war mir Naliipa ' s Training egal, denn dies war eine ernsthafte Behinderung für Fay. Und ich fühlte mich schuldig.

" Du bist eine gute Lehrerin... " beschwichtigte ich Fay leise mit einem sanften Lächeln. Sie machte sich zu viele Gedanken. Es war alles damit in Ordnung, wie sie lehrte. Geduldig sah ich zu Naliipa. Sie würde die Zeit nutzen dürfen, die sie brauchte. " Du hast Fay gehört. Es geht auch darum, zu lernen, dass Fellfarbe kein Hindernis darstellt. Auch keine anderen Äußerlichkeiten. Alles davon ist bei der Jagd verzeihlich, wenn du es durch Technik und Geschwindigkeit zu überspielen weißt. Aber teste dich erstmal in Ruhe aus. " beendete ich meine Rede und sah zwischen den Fähen hin und her.

Angekommen stellte ich mich zu Fay und sah mich nach Naliipa um.

Abwechselnd hörte ich Fay, dann dem Fremden zu. Dass auch Fay so etwas Schreckliches erlebt hatte, tat mir in der Seele weh, weshalb ich ihr einen mitleidigen Blick hinüberwarf. Dieser Fremde war wirklich nicht gefährlich, so dass ich irgendwann meine angespannte Haltung ablegte, allerdings blieb mein Blick eisern voller Misstrauen. Als er nach meiner Geschichte fragte, war ich froh, durch Ablenkung vom Erzählen der Geschichte anzukommen, obgleich ich sie einem Fremden wohl kaum mitgeteilt hätte. Schon nach kurzer Zeit wandte er sich wieder zum Gehen, weshalb ich eigentlich wartete, dass er verschwand, jedoch verzögerte es sich noch ein bisschen, bis Fay schließlich schon aufbrach, und ich beschloss, ihr so bald wie irgend möglich zu folgen. Naliipa hatte vor dem Fremden wohl auch keine Angst mehr gehabt, jedenfalls kam sie ihm zwischenzeitlich sehr nahe, was ich zwar nicht gut hieß, aber auch nicht verurteilte oder gar unterbrechen wollte. Als Hunter noch etwas sagte, spitzte ich aufmerksam die Ohren. Gefährtin...? Ach, er meinte sicher nicht... Ich nickte ihm zu, da verschwand er auch schon Richtung Schrottplatz. Missmutig blickte ich ihm nach. Mir hatte nicht gefallen, wie viele Ratschläge er geben wollte. Konnten wir ihm denn überhaupt vertrauen? Aber was sollte der ganze Kummer - er war eh weg. Also stieß ich Naliipa sachte an. " Komm Kleine, Fay wartet. " sprach ich sanft, und folgte der weißen Fähe dann.

( Wald )

" Menschen?! " platzte es angewidert aus mir heraus. Es kostete mich einige Sekunden, wieder herunter zu kommen. Ein Menschenhund... kein Wunder, dass er so aussieht... das ist es, was Menschen mit einem machen... " Du wirst hier keine Menschen finden. Jedenfalls nicht an der Seite eines Hundes. Wo genau wir hier sind, kann ich dir allerdings auch nicht mit voller Sicherheit beantworten. " erklärte ich wieder ruhig, fast schon monoton.

Aufmerksam hörte ich Naliipa zu, die ein ängstliches Verhalten gegenüber dem Fremden ( Hunter ) aufwies. " Er ist nicht gefährlich. Trotzdem muss man immer vorsichtig sein. " beantwortete ich ruhig ihre Frage. Inzwischen schien sie Reue für ihre Angst zu verspüren, worauf ich nicht näher eingehen konnte, weil der Rüde näher kam. Trotz meiner Feindseligkeit lauschte ich mit gespitzten Ohren seinen Worten. " Tag, Fremder. Wie lautet deine Frage? Sprich dich ruhig aus. " gab ich ihm mit aller Freundlichkeit, die ich aufbringen konnte, zu verstehen.

Entschuldigend lächelte ich, als Fay vor lauter Schreck ins Wasser platschte. Das hatte ich jetzt nicht erreichen wollen. Ich vergaß es aber ziemlich schnell wieder, als mich Naliipa mit vergraben in meinem Brustfell begrüßte. Die Schwimmrunde, die sie daraufhin absolvierte, ließ Stolz in mir aufsteigen. " Also Fay, ich finde, sie ist ein Naturtalent... " antwortete ich auf Fay, als ihre Aufmerksamkeit zu einem anderen Hund wanderte, sah ich diesen feindselig an. Es war ein Rüde, der keinerlei Bedrohung darstellte, was mir bewusst wurde, als ich sein armseliges Erscheinungsbild erkannte. Trotzdem kam ich nicht umhin, sekundenlang die Ohren anzulegen und ihm ein kurzes, doch aussagekräftiges Knurren zu senden. Wären die Beiden nicht hier, hätte ich mich das nie getraut... Ich habe nur das Gefühl, sie... beschützen zu müssen... Würde der Hund näher kommen, würde ich ihn vermutlich zurechtzuweisen wissen.

Ich hastete nun auch - nachdem ich auf dem Weg zum See etwas herumgetrödelt hatte - zu den beiden Fähen. Anhand ihres triefenden Felles wurde mir klar, dass sie schon begonnen haben mussten. Etwas enttäuscht legte ich für einige Sekunden die Ohren an, bis mir einfiel, dass schwimmen ja nicht so schnell gelernt sein wollte. Deshalb verdrängte ich die trüben Gedanken und fragte aufgeregt sowie voller Neugier: " Und Fay?? Ist sie geschwommen? Wie war sie? Bin ich jetzt als Schwimmlehrer überflüssig? " überfiel ich die weiße Fähe mit einigen hastigen Fragen, die man aufgrund meines Sprechtempos kaum verstehen konnte.

Kaum stobte die kleine Fähe an mir vorbei, lachte ich über ihren Enthusiasmus, und schloss mich den Beiden an.

( See )

Ich hatte Fay ' s Vorschlag vernommen, für den sie sich inzwischen anscheinend auch schon eine Erlaubnis eingeholt hatte. Ich blickte zu Naliipa, die sichtlich aufgeregt war. " Schwimmen macht Spaß wenn man es erst mal kann, du wirst sehen. " erheiterte ich sie, wobei das vielleicht gar nicht nötig war.

" Morgen Naliipa. " antwortete ich ihr freundlich, da umschmeichelte meine Nase ein bekannter Geruch, und im nächsten Moment spürte ich das weiche Fell einer Fähe an mir. Fay! Mir blieb gerade noch die Zeit, ihr einmal erfreut mit der Zunge über den Kopf zu fahren, ehe sie sich schon wieder von mir löste. Meine Rute fuhr trotzdem noch immer glückselig über den Boden. " Auch dir einen wunderschönen guten Morgen. " begrüßte ich sie. Als sie Naliipa ansprach, spitzte ich die Ohren und betrachtete den Welpen. Hoffentlich glaubte sie nicht, ich sei ihr böse. Sie hatte schon wieder so... verunsichert gewirkt.

Als ich aufwachte, erblickte ich direkt vor mir Naliipa. Sie schlief ruhig und friedlich, was mich irgendwie freute. Sie wirkte etwas aufgewühlt, als ich mit ihr gesprochen hatte, aber es ging ihr wohl gut genug um wenigstens ordentlich schlafen zu können. Langsam fiel mein Blick über den Platz. Wenn Naliipa wach wird, werde ich jagen gehen. Wer weiß - vielleicht kann ich sie sogar mitnehmen. Jagen will früh gelernt sein.

Hoshiko:

Mich fragte mein Bruder, ob wir nicht gemeinsam den Platz erkunden wollten, doch ehe ich antworten konnte, hörte ich Mamas Bellen, welches uns aufforderte, zu ihr zurückzukehren. " Mama ruft... ein andern Mal, ja...? " Mit diesen Worten stakste ich gemächlich zu Mama.

Nach einem harten Ringen mit sich selbst versank Naliipa an meiner Pfote in tiefen Schlaf. Etwas irritiert betrachtete ich sie, schließlich könnte ich mich jetzt nicht mehr bewegen. Aber anstatt sie wegzuschieben legte ich mich sachte ebenfalls hin, musterte sie noch eine Weile mit einem Lächeln, und wurde irgendwann auch vom Schlaf eingelullt.

Mir entging nicht, dass Naliipa mich scharf forschend betrachtete, aber nicht fand, wonach sie suchte. Augenblicke später sank sie an meinen Vorderbeinen zusammen, was mich lächeln ließ. Freundschaftlich stupste ich sie an, ganz nach dem Motto: " Es ist in Ordnung. " Wirklich, es störte mich nicht. Wenn sie mir schon so ein Vertrauen entgegenbrachte, fühlte ich mich eher geehrt. Meine Ohren zuckten aufmerksam, falls sie noch etwas sagen wollte.

Kurz stutzte ich. Sollte ich jetzt wirklich darüber erzählen? Ich wollte es ja auch nicht jedem unter die Nase reiben. Aber sie hat doch von sich aus gefragt... stritt ich mich gedanklich mit mir selbst, blickte kurz nachdenklich zu Boden. Kaum Sekunden später schoss mein Kopf wieder hoch, und ich gab Antwort: " So ist es. Es ist schon eine Weile her, aber manche Dinge enden wohl nie. " Wieder wanderte mein Kopf woandershin, dieses Mal nach oben zum Himmel. Aber, ich schwöre, alles vermisse ich sicher nicht... Erinnerungen an den Zirkus schossen mir durch den Kopf, und ich erschauderte einen Moment, danach fiel mir allerdings ein, dass es gegen meine Ehre wäre, jetzt schwach zu wirken. Deshalb vereiserte ich meinen Gesichtsausdruck, sodass niemand Ahnung haben konnte, was mir wirklich durch den Kopf ging.

Mit gehemmt und nervös wedelnder Rute sah ich Fay nach. Ich würde ja, aber... so erschreckend viele fremde Hunde tummelten sich dort, wo sie nun saß. Etwas wehleidig setzte ich mich hin. War ich der Aufgabe eines Rudels wirklich gewachsen? Bis jetzt ließ meine Begeisterung dafür jedenfalls zu wünschen übrig. Wenn selbst Welpen mir hier schräg kamen, wusste ich nicht, was meine schüchterne Persönlichkeit dagegen tun könnte. Und vielleicht würde ich das Rudel nie als Familie sehen können - schließlich war meine wahre Familie vielleicht noch irgendwo da draußen. Auch, weil es sich für mich wie Verrat anfühlte. Nur Fay hielt mich momentan davon ab, nicht das Weite zu suchen, wie mein schwacher Geist es mir befahl.

Hoshiko:

Erfreut über die nicht vorhandene Aufmerksamkeit stakste ich noch etwas weiter, bis meine Kräfte überraschend schwanden und ich mich matt in den Sand legte. Jedoch ließ ich es mir nicht nehmen, am Boden schließlich auf einem kleinen Stock etwas rumzunagen. Naja, es war wohl mehr lutschen als alles andere, was verdammt uneffektiv war, aber ich sah darin ein Spiel, dass für andere eventuell etwas unverständlich wirken könnte.

Als Bubbles beim Versuch mich anzugreifen über sein eigenes Fell stolperte, musste ich schmunzeln. Das Schmunzeln wich aber aus meinem Gesicht, als ich den Frust in seinen Augen sah. Inzwischen hatte er sich jedoch selbstständig aufgerichtet und entfernt, ehe ich die Chance erhielt ihm zu helfen. Fay lud mich netterweise ein, doch auch die Welpen anzusehen, zu denen alle anderen bereits gegangen waren. Zögerlich betrachtete ich die niedlichen Welpen vom Weitem. Sie waren ja wirklich herzallerliebst, allerdings sahen sie so aus, als könnte allein ein kleiner Windstoß sie schon umschubsen. Gerade einer von ihnen wirkte mehr als zerbrechlich. Weshalb ich lieber blieb wo ich war.

Hoshiko:

Ärgerlich knurrend stapfte ich über den Platz, lief einen großen Bogen um alle Hunde. Ich hatte zwar ein so beeindruckendes Knurren wie eine Quietschente, aber ich ließ mir nichts anmerken. Innerlich hoffte ich einfach, die anderen würden meine Geschwister interessanter finden.

Er schien gekränkt zu sein, als er das hörte. Mir waren seine Narben nicht entgangen, und der Grund dass er sie besaß schien ihn noch zu verfolgen. " Sei nicht traurig. Es ist okay, etwas nicht zu wissen. Erst recht, wenn man es noch nicht beigebracht bekam. Dafür bin ich ja jetzt hier. " tadelte ich ihn mit aufheiternder Stimme. " Weißt du, es bleibt einem im Kampf nicht immer viel Zeit nachzudenken. Deshalb muss man schnell reagieren. Am besten ist, wenn jemand den Fang attackiert, den Kopf nach oben zu reißen. Er wird es nicht kommen sehen, und du hast die Chance, dich fast völlig schmerzlos von ihm zu lösen. Wenn du einverstanden bist, kannst du es einmal bei mir versuchen. Also, mit meinem Fang. " Schließlich war sein Fang vernarbt, ich wollte Bubbles nicht unnötig unter Druck setzen. Dass meiner wiederum noch vom Kampf verletzt war, verdrängte ich einfach.

Ich nickte Fay zu, folgte kurz ihrem Blick zu den anderen Welpen. Sie hatte zwar augenscheinlich alles unter Kontrolle, dennoch fühlte ich mich dazu verpflichtet, ebenfalls allgemeine Aufmerksamkeit walten zu lassen. Nach der kurzen Beobachtung der anderen kämpfenden Welpen, drehte ich mich wieder dem Welpen vor mir zu, und verinnerlichte mir die Namen, die er mir höflicherweise verriet. Aha... Bubbles... und Naliipa. Notiert. Dass er so wachsam und ernst schien, ließ mich innerlich auflachen. Der Eifer war beeindruckend. Einen Moment lang überdachte ich, was sich wohl für den Anfang am besten als Übung eignete. Da fiel es mir ein. Mit einem Kopfnicken bedeutete ich dem Welpen, dessen Name wohl Naliipa war, sich doch etwas näher zu uns zu gesellen. " Also, " fing ich an, " Wir beginnen es etwas einfacher. Was kannst du machen, wenn der Gegner sich in deinem Fang verbeißt? Beantwortest du es richtig, führen wir es zum Test durch, ja? " Etwas nervös, ihm etwas falsches beizubringen, war ich schon. Aber der Stolz, dass man mir solch eine Verantwortung bereits jetzt übertrug, machte die Nervosität locker wieder wett.